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Erschienen
am 12.09.02 in nocturnalhall.de
"8,5
von 10 Punkten"
Label:
Eigenproduktion
Release: 05.06.2002
Von: Calani
Punkte: 8,5 von
10
Mit nicht viel fand
ein recht außergewöhnliches Scheibchen den Weg auf meinen Schreibtisch.
Dabei handelt es sich um die in Eigenproduktion erstellte Debüt Langrille
der Ruhrpöttler ACHTLOS. Auf die Band aufmerksam geworden war ich
bereits durch einige Messagebord-Diskussionen, die ACHTLOS als die Nachfolger
der Böhsen Onkelz ausbuhten. Kurz darauf kam die Band von sich aus
auf uns zu und ich konnte mir nun selbst ein Urteil über den vermeintlichen
Makel bilden. Schon mal vorne weg ... alles Blödsinn!!! ACHTLOS haben
mit den Onkelz soviel zu tun, wie ein chinesischer Sack Reis was mit meinen
Balkonblumen. Sicherlich könnte man in musikalischer Hinsicht ein
paar Querverweise ziehen, das aber auch nur im weiteren Sinne.
Gegründet wurde
die Band 1993 unter dem Namen Drunk as a Fish, um zunächst neben ein
paar eigenen Songs, Coverversionen unters Volk zu bringen. In dieser Zeit
entstanden zwei Demos. Nach der üblichen Staff Rotation und der "keiner
weiß so richtig warum" - Wende zu eigenen, deutschsprachigen Songs,
wurde 2000 die Band in ACHTLOS umbenannt. Und endlich hat man es dann geschafft,
die lange fertigen Songs offiziell auf einen Silberling zu bannen und zu
veröffentlichen.
Musikalisch gibt
es soliden und gut gemachten, teils aggressiven, teils recht melancholischen
Deutsch Rock. Nicht mehr und nicht weniger. Die Produktion ist gut und
muss sich nicht hinter Labelproduktionen verstecken. Sie könnte aber
durchaus noch ein bisschen mehr Punch vertragen. Ich schätze mal,
dass die Jungs live wesentlich härter rocken. Die Basics sind einfach
gestrickt und die Riffs griffig. Man lässt gekonnt stilistische Mittel
einfließen, um Akzente zu setzen und der Musik immer wieder neue
Wendungen zu geben. So gibt es beinahe jazzige Anleihen bei Überdenker,
besonders bei den Basslinien.
Lautstarkes Leben
und der Titelsong nicht viel erinnern in ihrer balladesken Form ein wenig
an die Toten Hosen. Ebenso, wie man diverse Rhythmen mit den Onkelz in
Verbindung bringen könnte. Aber auch nur deshalb, weil es eine bekannte
Band ist und viele deshalb als erstes eben die Onkelz im Kopf haben.
Aber das ganz große
Plus dieser Platte sind zweifelsohne die Texte! Es ist eine wahre Freude,
den Texten zu folgen und man ist jedes Mal über das Ende überrascht.
Ich hab mir nicht viel mehrere Male angehört, ohne mir die Texte durchzulesen,
einfach nur, um das Feeling einzufangen und über die übereifrig
falsch gezogenen Schlussfolgerungen zu grinsen.
Die Texte behandeln
alltägliche Geschichten des Lebens, wo allerdings auch politische,
soziale und zwischenmenschliche Relationen einfließen. Aber es wird
nie der Finger erhoben und Meinungen aufgezwungen. Einzelne Komponenten
werden zwar kritisch aber urteilsfrei beleuchtet und lassen dem Hörer
somit jede Menge Freiraum, eigene Schlussfolgerungen und Interpretationen
zu ziehen. Der erste, offensichtliche Eindruck ist meist nur oberflächlich.
So beschreibt Zeit
zum sterben vorrangig die letzten Züge eines zum Tode verurteilten
Kandidaten. Je nach Stimmung und persönlicher Intellektualität
lässt sich dieser Text aber auch auf viele andere Gegebenheiten des
Lebens anwenden.
Angst zeigt das
seelische Innenleben einer Person, die offensichtlich eine "negative Tat"
begangen hat, ohne diese näher zu beschreiben. Auch hier gibt es reichlich
Platz für Interpretationen. So kann es sich um ein "wirkliches" Verbrechen
handeln, aber auch was völlig Banales ist möglich, das nur im
Hirn unseres Protagonisten Angst auslöst.
In Überdenker
geht es um die Bequemlichkeit, mit der Masse im Strom zu schwimmen, ohne
Dinge zu hinterfragen oder gar über irgendetwas nachzudenken.
Bierchen ist ein
Liebeslied ... an das kühle Blonde, das Schwarze ... usw., nicht jedoch
ohne kritische Akzente zwischen den Zeilen, ebenso wie Sternhagelvoll.
Das beinahe komplett
akustische Verlorene Welt setzt vor dem Instrumental einhundert13 und dem
kurzen und einzig englischsprachigen scramp einen gefühlvollen und
melancholischen Abschluss.
Eigentlich ist jedes
Lied es wert, ausführlich darüber zu schreiben und zu diskutieren.
Das würde nur den Rahmen der Review sprengen. Zumal eben jeder seine
eigene Interpretationen haben kann. Also bleibt mir zum Ende nur zu sagen:
Wer Interesse an gutem Deutsch Rock hat, sollte sich dieses Album auf jeden
Fall zulegen! Nicht zuletzt wegen der hervorragenden Texte. Nicht viel
lässt sich für 8,50 € auf der offiziellen Homepage von ACHTLOS
ordern.
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